2020 verläuft für uns alle anders.
Anders als wir es uns je erträumt haben. Anders als wir je gedacht haben. Anders als wir es je wollten. Anfang des Jahres haben wir die Zahlen auf der anderen Seite der Erde verfolgt und gedacht: zum Glück sind wir weit weg. Aber nun ist es so nah wie noch nie und schafft doch soviel Distanz wie nie zuvor.
2020 startete für mich in Thailand. Seele baumeln lassen. Das Land erkunden. Ich begrüßte das neue Jahr in einem Himmelsmeer voller Leuchtballons. Das neue Jahr hatte großes mit mir vor: mein erster Vortrag auf einem Event, welches ich sehr geschätzt habe. Ein Fotoshooting für einen großen Artikel über das Recruiting im Krankenhaus mit einem namhaften HR Experten im Rahmen einer großen Convention. Das Fortführen der Treffen meiner Jumper bei Quit & Jump, um weiter an der Karriere zu arbeiten, die man sich wünscht. Die Teilnahme an Events aus der HR Branche, um sich mal wieder mit den Kolleginnen und Kollegen über unsere Personalarbeit auszutauschen. Der Kalender war gefüllt mit Dingen, die mich nähren: Kontakte, Austausch, Netzwerk und alles für gute Personalarbeit, vorallem im Recruiting.
Wie gewonnen, so zerronnen?
Zurück in Deutschland entwickelte sich zu dieser Zeit etwas anderes. Etwas war anders. Die Pandemie überschüttete uns mit Unsicherheiten und beängstigenden Nachrichten. Quit & Jump konnte nicht mehr stattfinden, alle Events wurden erst verschoben, dann abgesagt, die Timeline in meinen Social Media Kanälen füllte sich mit täglichen Hiosbotschaften und Spekulationen. Mein letzter Blogeintrag ist Monate her. Denn bis jetzt habe ich das Leben durchgehalten mit den Möglichkeiten, die wir haben. Das mag negativ klingen, aber jeder geht anders damit um. Ich habe auch gutes darin gefunden, mir bewusst zu werden, wie priviligiert viele von uns (auch ich) sind. Ein Zuhause, Gesundheit, Freunde, ein Beruf, den wir gern tun – das alles sind Dinge, die mehr in den Fokus rücken. Gleichzeitig haben die letzten Monate soviele Themen aufgewirbelt, denen wir nun Gehör und Aufmerksamkeit schenken müssen. Denn dieses extreme 2020 ist ein schwerer Lehrmeister. Das Leben, wie wir es kannten, ist aktuell Vergangenheit. Wir befinden uns täglich in einer Neuorientierung, die uns beansprucht – körperlich wie mental und gedanklich. Was ist geblieben? Wo sind wir heute? Wo sind wir?
Als die Quit & Jump Treffen nicht mehr stattfinden konnten, nahm ich es als eine Pause an. Doch auch die Coworking Spaces, welche uns Raum dafür gaben, kämpften am Ende dafür, überhaupt geöffnet sein zu dürfen. Auch, wenn vieles digital verlagert wird, haben diese Optionen nicht den gleichen Effekt wie persönliche Treffen. Mittlerweile gibt es ein Überangebot an digitalen Treffen und jeder sollte für sich selbst entscheiden, ob und wieviel davon gut tut. Einige Menschen sind im Homeoffice. Aber nicht alle haben die Möglichkeiten. Es gibt Menschen, die sich mit dem Thema New Work auseinandersetzen und diesem viel Bedeutung beimessen. Gleichzeitig gibt es Menschen für die New Work niemals ein relevantes Thema sein wird. Die Kategorisierung in systemrelevante Berufe hat eine Schneise in das Land geschlagen und auch das Klatschen hat einen bitteren Beigeschmack. Unsere Freunde und Familie können wir nicht mehr sehen und ausgelassen in großer Runde in den Arm nehmen. Wir sitzen in der S-oder U-Bahn mit Maske und fragen uns, welcher der Personen um uns herum dafür verantwortlich sein wird, dass die Corona App mal wieder eine Risikobegegnung anzeigt. Und doch müssen wir zur Arbeit. Vorbei an den Menschen, die hinter ihrer Maske ihre Gedanken, Zweifel und Ängste mich sich herumtragen. Immer in der Hoffnung, dass es irgendwann vorbei sein wird. Das ist unser Alltag. Die meisten von uns schlafen und gehen arbeiten. Repeat. Oft fehlt die Kraft für Sport. Und doch gibt es viele Menschen, die sich gemeinsam stützen und versuchen, das Beste aus dem Jetzt zu machen.
Ich gebe zu, ich habe mich eingeschränkt, auch weil ich muss. Ich kann nicht an den vielen Online-Angeboten, Hackathons, Seminaren teilnehmen, sondern nehme den Abend ohne Termine an. Dennoch habe ich mit Katharina Nolden und Oliver Ewinger in diesen Zeiten das Projekt coroNarrative ins Leben gerufen, um Menschen zu unterstützen, positive Narrative (nennt es gern auch Affirmation, Motto, Geschichten whatever) zu entwickeln, um sich jeden Tag daran zu erinnern, dass Krisen uns stärken können. Und dass wir niemals allein da durch müssen.
Das Jetzt ist die einzige Konstante
Diese Zeit lehrt uns soviel – regt uns zum Nachdenken und Reflektieren an. Tausend Themen streifen meinen Tag. Menschen, die jetzt noch lieber ihren Job hinschmeissen würden, weil ihnen die Krisenkommunikation fehlt oder weil die Wertschätzung nicht vorhanden ist. Menschen, die ihren Job verlieren, weil die Unternehmen insolvent gehen oder die Kurzarbeit zum Überlegen nicht gereicht hat. Menschen, die gleichzeitig Homeoffice und Kinderbetreuung unter einen Hut kriegen sollen. Menschen, die einsam sind, weil das Kontaktverbot ihr Herz verkrampft. Menschen, die Hamsterkäufe machen, weil Klopapier Leben rettet (#ironieoff). Menschen, die sich in Kurzarbeit nicht gebraucht fühlen. Menschen, die ängstlich ins Büro gehen. Menschen, die ihren Job nicht mehr ausführen können, weil Kontakt ein wichtiger Bestandteil war.
Ihr kennt selbst viele Beispiele. Und doch ist eines bemerkenswert: welche Lösungen in der Krise entstehen. Wie Menschen ihre Stimme erheben. Sichtbar werden. Projekte starten – sind sie noch so klein. Wie du in den Augen anderer siehst: „Jetzt erst recht!“ Wir sind alle müde, erschöpft davon, auszuhalten, aber wir sind auch Treiber für soviele Dinge. Ihr habt noch soviel vor. Wir haben noch soviel vor. Ich habe noch soviel vor.
Es fällt mir noch nicht leicht, meine Gedanken zu sortieren. Ich möchte viele Themen besprechen und ordne meine Gedanken, um sie in weitere Zeilen zu packen. Aber für heute mache ich einen Punkt.